Darmstadt - Mit einem neuen Programm fürs Handy sollen Autofahrer in Darmstadt ab sofort Zeit, Sprit und Nerven im innerstädtischen Verkehr sparen. Von Jens Dörr
In der oft verstopften Südhessen-Metropole hat das private Urban Software Institute in Zusammenarbeit mit der Stadt und der Technischen Universität (TU) vor wenigen Wochen eine Traffic-App auf den Markt gebracht. Die Webanwendung unter dem Markennamen [ui!] kann sich jeder im Browser eines internetfähigen Handys unter der Adresse darmstadt. ui-traffic. de kostenlos anzeigen lassen. Das „Darmstädter Modell“ soll in Kürze auch in andere Städte expandieren.
Das Urban Software Institute ist im Gemeinschaftswerk der verantwortliche Partner für die Produktentwicklung, die Vermarktung und den Betrieb der Plattform UrbanPulse sowie der Darmstädter Verkehrs-App. Die TU tritt als wissenschaftlicher Partner auf, der in das Programm weitere Ergänzungen in Form von Forschungsergebnissen einbringen wird. Die Stadt Darmstadt, die ihren Verkehrsfluss verbessern will, ist Ideengeber, Geburtshelfer und Referenzstadt für die Traffic-App.
Wer die Anwendung unter der genannten Adresse aufruft, sieht einen Stadtplan von Darmstadt, der auch die Stadtteile Eberstadt, Kranichstein und Wixhausen berücksichtigt. In vier Farben wird das Verkehraufkommen auf den größeren Straßen veranschaulicht: Grün steht für geringen Verkehr, Rot für starken. Dazwischen gibt es Abstufungen in Gelb und Orange. Auch auf Baustellen wird mit Symbolen hingewiesen. Das Ziel ist im Grunde simpel: Mit der App sollen Verkehrsteilnehmer sehen können, ob auf ihrer geplanten Route freie Fahrt herrscht oder es nur zäh vorangeht. Ist letzteres der Fall, kann rechtzeitig ein anderer Weg durch die Stadt gewählt werden. Das vermindert Stop-and-Go und damit Spritverbrauch und Emissionen. Darmstadts Baudezernentin Cornelia Zuschke geht gar einen Schritt weiter: Sie hofft, dass so mancher aufs Fahrrad oder die öffentlichen Verkehrsmittel umsteigt. Ob dies ein frommer Wunsch oder weise Voraussicht ist, werden die nächsten Monate und Jahre zeigen - insbesondere mit steigenden Nutzerzahlen der App, die technisch ständig verfeinert werden soll.
Das Grundgerüst indes steht. Zentrale Bedeutung kommt dabei dem seit 1989 in Darmstadt installierten Lichtwellennetz zu, wie Lutz Heuser der Geschäftsführer des Urban Software Institutes erläutert: „Durch die Verbindung der Ampelanlagen mit den beiden Zentralrechnern über ein Breitbandnetz können die hohen Geschwindigkeiten des Systems gewährleistet werden.“ Es würden bis zu 9 000 Datensätze pro Sekunde aufgesammelt und mithilfe der Sensordaten-Plattform UrbanPulse an die Verkehrs-App in Echtzeit weitergeleitet. 140 Kreuzungen werden dazu von den beiden Verkehrsleitrechnern der Stadt Darmstadt überwacht. Je mehr Daten vorliegen, je präziser sie sind, desto besser lässt sich das Verkehrsaufkommen in den Darmstädter Straßen darstellen - und desto interessanter wird die App.
Die jetzige Art, Daten zu sammeln, zu transportieren und für jeden nutzbar grafisch darzustellen, muss dabei noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. „Es ist auch ein Ziel der Zusammenarbeit, weitere Bereiche zu erfassen“, sagt Heuser. Die TU etwa erforsche unter Prof. Dr. Max Mühlhäuser die Identifikation von Verkehr auf Basis der Lautstärke. Sie kann beispielsweise mittels Mikrofonen auch jene Bereiche erfassen, wo es keine Ampelanlagen gibt.
Die für Darmstadt bereits auf den Markt gebrachte Lösung wird unterdessen für weitere Städte vorbereitet. „Es sind bereits Verträge mit weiteren Städten abgeschlossen“, berichtet Heuser.
Quelle: DA-imNetz.de